Wer sich auf den Rängen in Wimbledon umschaut, erkennt bei den Zuschauern viel Motto-Dressing: Faltenröcke, Stan-Smith-Schuhe – und Netz-Optik. Bestes Beispiel: Pippa Middleton. Warum »passend« angezogen sein, oft etwas gewollt wirkt.
[Bild2="Pippa Middleton mit ihrem Bruder James in Wimbledon"]
Für viele Leute sind Motto-Parties eine Zumutung, für andere unwiderstehliche Steilvorlagen. Welche Möglichkeiten sich da ergeben! Nicht bei so etwas Schwammigem wie »Be fabulous!« oder »Dress to impress«, aber ein roter Baywatch-Badeanzug bei der Pool-Party, Gucci-Trensen auf der Hoppegarten-Rennbahn, ein pinkfarbenes Kostüm mit Hut beim Public Viewing irgendeiner Royal-Hochzeit – Mode kann eben auch ein Spiel sein, und selten sieht man das so eindrucksvoll wie bei Wimbledon, für manchen Besucher offensichtlich eine einzige Motto-Veranstaltung.
Das Adidas-Modell »Stan Smith« zu tragen, ist da eher die brave Variante, ein offizielles Ralph-Lauren-Poloshirt die anbiedernde, aber wer genauer auf die Tribünen schaut, sieht bei den Zuschauerinnen jede Menge stilisierte Tennisröckchen, weiße Ensembles und natürlich auch ganz raffinierte Umsetzungen. Pippa Middleton etwa erschien gestern in einem luftig-leichten Spitzenkleid in weiß-rosé, womit sie farblich eh schon auf Linie lag (weißer Sport + Erdbeeren), über den Schultern hatte das Kleid aber noch einen extra Layer aus: weißem Netz.
»Trag es treffender« nennen Modeleute solche irre durchdachten, am Ende wenig subtilen Interpretationen, aber für subtile Auftritte ist Pippa Middleton ja ohnehin nicht bekannt. Ihre kürzlich gefeierte Eine-Million-Pfund-Sause zur eigenen Vermählung fällt in die gleiche Kategorie.
Jedenfalls haben Freunde dieser Spielvariante großen Spaß daran und freuen sich diebisch, wenn sie wieder etwas Allzu-Passendes für einen Anlass gefunden haben. Die Versuchung muss man sich wie einen frühkindlichen Greifreflex vorstellen, deshalb lässt man ihnen das gerne durchgehen, sofern es mit der nötigen Selbstironie getragen wird.
Bei Pippa Middleton? Nicht der Fall, zu viel Sonnenbrille. Victoria Beckham dagegen gehört ganz sicher zur No-Nonsens-Fraktion. Als sie vor vier Jahren das Wimbledon-Herrenfinale besuchte, trug sie ein Lingerie-Kleid von Louis Vuitton, das absolut im Trend war, mit der Veranstaltung aber natürlich nicht die Bohne zu tun hatte. »VB« in Tennisshorts und weißen Söckchen auf den Rängen? Nicht mehr in diesem Leben.
Je mehr Karneval auf den Rängen, desto ungerechter, dass die eigentlichen Hauptakteure auf dem Platz modisch so wenig Freiraum bekommen. Der Fast-ganz-in weiß-Dress Code wurde in den letzten Jahren eher noch ausgeweitet, auf Accessoires nämlich, weil Roger Federer es 2013 gewagt hatte, mit weißen Schuhen aber knallorangefarbenen Sohlen zu spielen. Das Zehn-Punkte-Dekret besagt nun, dass keine ganzen Farbflächen zugelassen sind. Ein farblicher Streifen auf Dress oder Stirnband ist ok, aber nur, wenn er nicht dicker als einen Zentimeter ist.
Ein bisschen freigedreht wird bei solch absurdem »almost entirely white«-Reglement natürlich erst Recht. Unvergessen der weiße-Spandex-Catsuit von, Achtung: Anne White 1985, der weiße Kurz-Trenchcoat von Serena Williams 2008 und natürlich das Tuxedo-Oberteil von Maria Sharapova aus dem selben Jahr. Dummerweise verlor sie damals gleich in der zweiten Runde gegen die völlig unbekannte Russin Alla Kudryavtseva. Was Wimbledon-Hardlinern nur in die Hände spielte: Im Telegraph wurde Kudryavtseva zitiert, es sei eine Genugtuung gewesen, Sharapova zu schlagen. »Ich fand ihr Outfit fürchterlich.«
Typischer Instagram-Kommentar: »Klassische Serve-and-Volley-Taktik: immer ran ans Netz, Pippa!«
Das sagt Schwester Kate: »Warum trägst du nicht Punkte so wie ich? Das passt doch auch prima zum Tennis.«
Das sagt die ältere Sitznachbarin: »Schlimm mit den Insekten dieses Jahr. Nächstes Mal komme ich auch mit Fliegengitter.«
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