STRAFVERFAHREN ⋅ Nach neuen schweren Vorwürfen zieht der Walliser Nationalrat Yannick Buttet die Konsequenzen und erklärt seinen sofortigen Rücktritt. Gemeindepräsident will er aber bleiben.
Dennis Bühler
Das Communiqué kommt gestern Abend kurz nach halb sieben: «Ich habe mich im Interesse meiner Familie und meiner Partei entschieden, per sofort als Nationalrat zurückzutreten», lässt der Walliser CVP-Politiker Yannick Buttet via seinen Anwalt Andreas Meili ausrichten. Er tue dies unabhängig vom derzeit hängigen Strafverfahren, dessen Ausgang noch offen sei. «Ausschlaggebend für diesen ganz persönlichen Entscheid ist vielmehr der Wunsch, meine Familie und mein persönliches Umfeld zu schützen und die notwendige Ruhe für meinen Heilungsprozess zu schaffen.» In der Öffentlichkeit sei ein Bild von ihm gezeichnet worden, «in dem ich mich selbst nicht wiedererkenne und von dem ich mich auch distanziere».
Was Buttet meint: Spätestens seit zwei Artikeln in den Samstagsausgaben von «Le Temps» und «Le Nouvelliste» verdichten sich die Hinweise, dass sich der 40-Jährige nicht bloss ein einziges Mal eine Verfehlung geleistet hat, als er einer ehemaligen Geliebten nachstellte, sondern dass er sich unter Alkoholeinfluss des Öfteren daneben benahm, und zwar gegenüber vier Parlamentarierinnen genauso wie gegenüber einer Journalistin und gegenüber einer 20-jährigen Walliserin, die er an einem Volksfest in seiner Heimat traf. In den beiden Westschweizer Zeitungen berichteten die sechs Frauen, wie sie der CVP-Nationalrat in den vergangenen fünf Jahren bedrängt haben soll.
So schrieb eine Nationalrätin in ihrer schriftlichen Stellungnahme, Buttet habe an einem Grillfest im Juni 2013 ohne Unterlass versucht, unter ihr Kleid zu schauen. «Irgendwann hob er mein Kleid und versuchte mich zu berühren.» Zwei Kollegen hätten interveniert, einer von ihnen habe Buttet dann ins Hotel gebracht. Eine andere Nationalrätin beschrieb einen Vorfall vor den Parlamentswahlen 2015 in einer Berner Diskothek: «Buttet war sehr betrunken. Er hat sich von hinten an mir gerieben. Er hatte eine Erektion. Er hat es ein zweites Mal gemacht. Ich stiess ihn weg, so dass er fast umfiel.»
Staatsanwaltschaft eröffnet Verfahren
Mit den Vorwürfen der sexuellen Belästigung stieg der Druck auf Yannick Buttet. Via Sonntagspresse verlangten etliche Parteikolleginnen und -kollegen hinter vorgehaltener Hand den sofortigen Rücktritt aus dem Nationalrat. Auftrieb erhielten diese Forderungen auch durch die Fortsetzung der Stalking-Affäre, aufgrund welcher Buttet Anfang Monat als CVP-Vizepräsident zurückgetreten war. Die Walliser Staatsanwaltschaft eröffnete gegen ihn ein Strafverfahren wegen des Verdachts auf Nötigung, wie der stellvertretende Generalstaatsanwalt Jean-Pierre Greter der «NZZ am Sonntag» sagte. Nötigung wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet.
Und nun also der Abgang von der nationalen Ebene, der Druck von ihm und seiner Partei nimmt. Gemeindepräsident von Collombey-Muraz hingegen will Buttet bleiben. In einem Communiqué anerkannte die CVP Schweiz, dass Buttet den Entscheid persönlich getroffen habe «zum Schutz seiner Familie und zum Wohle der CVP». Auf Anfrage sagte der Solothurner Nationalrat Stefan Müller-Altermatt, der auch im Parteipräsidium sitzt, er sei «sehr erleichtert» über den Rücktritt. «Nun herrscht Klarheit und wir können uns an die Aufarbeitung dieser Affäre machen, die vor allem auch eine persönliche Tragödie ist.»
Die vergangenen Wochen seien für das Präsidium äusserst schwierig gewesen, so Müller-Altermatt. «Wir konnten gar keine richtige Entscheidung treffen. Hätten wir Buttet offensiv zum Rücktritt aufgefordert, hätte es geheissen, wir hätten ihn fallengelassen. Nachdem wir verkündet hatten, wir wollten ihn erst anhören und es gelte die Unschuldsvermutung, wurde kritisiert, wir seien führungsschwach und agierten feige.» Als «folgerichtig» bezeichnete Buttets Rücktritt die Aargauer Grossrätin Marianne Binder-Keller, die ebenfalls in der Parteiführung sitzt. «Ich leide allerdings auch sehr mit ihm und vor allem seiner Familie mit. Es ist eine menschliche Tragödie.»
Ähnlich äusserte sich Babette Sigg, Präsidentin der CVP-Frauen: «Ich bin erleichtert, bedauere aber vor allem seine Familie», sagte sie. «Der tiefe Fall von Yannick Buttet ist schlimm.» Die Affäre sei mit dem Rücktritt noch nicht abgeschlossen. Es sei «bloss eine Etappe gemeistert, weil nun wenigstens das Tagesgeschäft wieder weitergehen kann». Die CVP werde in den nächsten Wochen beweisen, dass sie willens sei, alle Vorgänge aufzuarbeiten, ist Sigg überzeugt.
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