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Unser großes Wachsgießen: 2018 kommen Wa(h)le(n) und Einhörner

Hei hai Yu Hei Yu Unser großes Wachsgießen: 2018 kommen Wa(h)le(n) und Einhörner

shz.de von Götz Bonsen
erstellt am 31.Dez.2017 | 18:33 Uhr

Die Onlineredaktion hat in der Weihnachtszeit erneut das Neujahrsorakel sprechen lassen. In diesem Jahr suchten wir als Quell der Vorsehung einen Rohstoff, mit dem man das traditionelle Bleigießen noch schneller, sicherer, umweltfreundlicher und vielleicht auch etwas vielsagender hinbekommt – so wie es zur Natur eines Onliners gehört. So erhitzten wir zur Schau auf 2018 in den Flensburger sh:z-Katakomben letztlich Wachs und gossen ihn zur Erstarrung in das kühle Nass der Vollendung. Bei Facebook ließen wir in den letzten Tagen die Phantasie unserer Leser über die als Wachswolken getarnten Zeichen der Zeit richten. Was hat es mit unserem zehnköpfigen Wachsgusskabinett wohl auf sich? Lesen Sie selbst.

Die Erregung des Gockels

„Öhm.... DAS schreib ich jetzt nicht“, flachst Nelly Jappsen über diesen mysteriösen Klecks auf ihrem Bildschirm am Heiligabend. Wohl aufgrund der fallusartigen Halbinsel im Nordosten der Wachsinsel ist Jappsens Deutung überaus fruchtbar – was die Zahl der Reaktionen der anderen Leser angeht. Ob das wachsharte Glied nun Fruchtbarkeit oder angesichts des flachgezeichneten Hodens sexuelles Dörrobst für 2018 bedeutet? Das wird nicht ganz aufgelöst. Es könnte auch ein (plattgefahrener) Hahn sein, meinen einige – ein verwirrter Gockel, der an Donald Trump erinnert, präzisiert Peter Schildt, ohne außenpolitische Prognosen zu wagen.

Barbara R. hat einen ganz anderen Blickwinkel, sie sieht ein Ohr und verbindet ihr Dafürhalten mit dem gut gemeinten Ratschlag, die Hörorgane für die Nöte und Ängste der Mitmenschen zu sensibilisieren. „Ein Einhorn, das auf einem Berg mit Bäumen im Hintergrund steht“ will dann Angelika Thun erkannt haben, und sie rät uns: „Ihr solltet vielleicht die kleinen Wunder im Alltag nicht aus dem Blick verlieren“. Gleich mehrere Leser erkennen in dem Bildnis einen hungrigen Wal. Vielleicht wird 2018 ja ein Waljahr – oder gar ein Wahljahr?

 

Das Gewölle des Grauens

Die Betrachtung dieser Wachsfigur führt in unserem Facebook-Forum zu Furcht, Aversion und Grusel. Offenbar droht 2018 auch echter Ungemach. „Ich sehe einen Herrscher, der über seinem Volk steht und sie in den Krieg ziehen lässt, während er die Hand erhebt. Ich sehe einige Schwerter, viele Knochen und ein Meer aus Toten“, schreibt Maya Landschoof-Funk, ganz erschrocken über die Bilder, die im Angesicht dieses Bildnisses im eigenen Geiste erwachsen.

Es könnten auch gerissene Schafe sein, schreiben einige andere oder laut Anni Christ einfach eine Schneekönigin, deren Schönheits-OP schief lief – ein mögliche Parabel für die Nutzung von Anti-Falten-Creme statt chirurgischer Schummeleien gegen die Alterung. Auch Rena Misch sieht keinen Hauch von Schönheit am Flecken. Sie ist sich sicher, einen Mukamar vom Planeten Kennstmichnicht zu erkennen und gibt Entwarnung: „Vom Wesen her sind die Mukamars friedlich, mögen aber nicht, wenn man sie auf ihr Aussehen anspricht“. Also an dieser Stelle lieber die Augen zumachen. Wobei die Diskussionen über außerirdisches Leben zuletzt ja wieder angewärmt wurden.

Der süße Halbmond

Aber auch die süßen Seiten des Lebens kommen 2018 wohl nicht zu kurz, wie dieser etwas zu blass geratene Halbmond zeigt, der in der Formgebung unzweifelhaft an altbekannte Weingummiformen erinnert, aber auch auf spektakuläre Himmelsphänomene oder lange Urlaubsreisen (die Leser erkennen Amrum, Fehmarn und Sylt, wenngleich mit Landverlust) hindeuten könnte.

Womöglich zielen die Entfaltungskräfte des abgeschreckten Wachses aber darauf ab, dass unseren Redakteuren bei viel Nachtarbeit eine historische Enthüllung gelingt.

„Keine weiße Weihnacht“ – so wird die große Schlagzeile 2018 aber nicht lauten. Denn das hat das Orakel bereits glaubhaft verraten.

 

Geplatztes Gummi, neue Träume?

Dieser Wachserguss hat von Anfang an ein niederminniges Image inne. Doch abseits der Kommentare, die hier ungewollte Schwangerschaften und einsame Schlafzimmerphantasien prognostizieren, charakterisieren dieses Zufallskunstwerk auch „bärenstarke Aussichten“. So wittert Gregor Klosters die Chance auf einen Neuanfang: „da wird jemand seine alte Haut ablegen bzw. sprichwörtlich aus der Haut fahren“.

Ein Leser sieht hier ferner „eine schlecht frisierte und gekleidete Frau, die ein Land regieren möchte, aber von Innenpolitik keine Ahnung hat, da die Außenpolitik ihr viel wichtiger ist“, was das Jahr 2018 für Angela Merkel bedeutet, verrät das Orakel aber nicht. Die vorherige Posterin sah „einen Engel, nach vorne gebeugt, (im zerknitterten, kaputten Kleid)“, der sich über einen Pilz beugt und versucht, ihn festzuhalten. Hoffen wir, dass damit eine gute Ernte gemeint ist.

Ein Ei ohne Eigelb

Wo ist das Dotter dieses Spiegeleis abgeblieben?, das fragt sich Lutz Bentien im Hinblick auf 2018. Einer Deutungslinie will so recht niemand widersprechen: 2018 wird es in der Natur an etwas mangeln. Vielleicht ist es einmal mehr die Sonne, die ihr Versteck hinter kilometerdicken Nieselregenwolken nicht aufgibt und den bescheidenen Traum von einem würdigen Sommer zerplatzen lässt. Oder ist es doch ein gerissenes Discount-Kondom, hinter dem ein halbfreudiges Ultraschallbild hervorschimmert? Die Gießer-Kollegin am Kühleimer nimmt es als Warnung, während Alemane Badenser bei dem Gezeigten keine Menschengeburt, sondern die Entstehung einer Insel nach einem Vulkanausbruch vermutet.

 

Ein nebulöses Stück

Eine vereiste Glasscheibe – es wird wohl ein frostiges Jahr 2018: Mehr sagte der Redaktion dieses Wachsstück nicht. Doch zum Glück können wir auf die Phantasie unserer Leser zählen, vor allem der Leserinnen. Corinna Cassens lobt bei dieser Gelegenheit nicht nur die Nachhaltigkeit unseres diesjährigen Bleiersatzstoffes, sondern erklärt auch die Darstellung und den Sinn des Orakels: „Natürlich ist das zu Weihnachten die Jungfrau Maria, die das Jesuskind ganz eng an sich presst umgeben von göttlichem Nebel, der beide umhüllt und schützt. Ohne Weihnachten: Unbekannte Plattfisch-Art aus den Tiefen der Förde“. David Puppe sieht dieses Motiv direkt aus dem Leben gegriffen: „Schon mal morgens oder nach Schulschluss an einer Bushaltestelle auf den Boden geschaut..?, da finden sich Unmengen dieser Kunstwerke der Teenagerspucke auf dem Boden. Bin bloß noch nie auf die Idee gekommen, das zu orakeln...“ Alles bleibt also wie es ist? Oder sehen wir hier nach Tom Dachrodt die zerflossene Raute, die schon in der Winterpause einen Programmhinweis auf den nahenden ersten Abstieg des HSV gibt?

Das Gespenst am seidenen Faden

Viele Leser sehen hier bei 90-Grad-Linksdrehung eine Katze, andere eine Maus. Leider ohne Deutung. Diesem Blickwinkel entgegnet Dorothee Schneider: „Ich seh einen Gorilla mit Klumpfuß der uns ein High-Five gibt“, wohingegen Wiebke Ti mutmaßt: „Ihr werdet ein Rattenproblem in den Redaktionsräumen haben?!“ Andere – noch in besinnlich-positiver Weihnachtsstimmung – sehen eine Art Weihnachtsmann in Gestalt einer jungen Frau mit guten Gaben; oder wie Nadine Sandeck ein „Mädchen mit den Schwefelhölzern im Schnee kniend, die Arme um sich geschlungen um sich ein bisschen vor der Kälte zu schützen... Es könnte darauf deuten, dass wir die Augen nicht verschließen sollten und auch an andere denken müssen“.

Das gebrochene Becken

Susann Kleinert sieht hier ein Seepferdchen mit einem Schweinchen knutschen, Kraft treffe 2018 auf Glück so ihre gern gelesene Deutung. Susanne Wülfken und eine ganze Reihe anderer Leser sehen gar zwei Glücksschweine, deren Steckdosen sich zärtlich berühren. Das pralle Glück also. Doch was hat es mit dem dominanten, ausgefransten Loch auf sich? Das sei das Sommerloch, sagt Wibke Voth, Bianca Bergmann erkennt einen Beckeneingang und Mikael Holmlund konkretisiert: „Die Form des Beckens, wobei die Aushöhlungen/"Löcher zwischen Sitzbein und Schambein fehlen. Könnte auf ein weibliches Becken hindeuten und der oder die Redakteur/in erwartet im kommenden Jahr Nachwuchs“. Sheena Breed leugnet allerdings, dass es sich hierbei um Wachs handelt, es sei ein Homunkulus, ein künstlich geschaffener Mensch.

Metamorphosis Australis

 

„Will der Giesser auswandern?“, fragt Sonja Funk, die sich bei dem „zertrampelten Kaugummi“ (Sindi Jensen) oder „avantgardistischen Kunstwerk“ (Mira Nagar) an Australien erinnert fühlt. Da für Claudia Abibulajewa hierin der indische Subkontinent schlummert, können wir uns darauf einrichten, dass sich der Blick 2018 nach Osten richtet. Hoffentlich nicht nach Nordkorea, obwohl Ulla Petersens Vision einer „Raupe in der Verpuppung zum Schmetterling“ daraus recht positiv „Zeiten des Wandels“ abliest. Angela Voigt prophezeit einen Vulkanausbruch.

Nachwuchs und Kohldampf

Embryo!, Embryo!, Embryo! – Hier skandiert der Chor der Leser doch recht einstimmig. Ja, es stimmt, es wird auch 2018 wieder schlafraubenden Nachwuchs in der Redaktion geben. Einzig Helga Juska sieht hier dennoch jemanden fest schlummern: „Unsere Regierung“. Rosemarie Krützfeldt wiederum vermutet, dass dem Gießer „jemand einen Blumenkohl an's Ohr sabbeln“ wird. Kohl ist nun wieder gut für die Darmgesundheit, was deshalb interessant ist, weil Claudia Abibulajewa bei diesem Bildnis in der Tat „Darmschlingen“ entgegenspringen. Darum rät sie: „Passt im neuen Jahr auf Eure Ernährung auf“. Für Ti Na hingegen kommt der Darm kaum mehr zum Zuge „Hoffe Eure Orakelphase ist bald vorbei. Die Bilder sehen echt unappetitlich aus“. Ja, sie ist vorbei und wird hoffen, dass 2018 uns buntere Bilder und Landschaften bietet als abgeschreckte Wachswolken im kalten Wasser es vermögen. Guten Rutsch!

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