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Wuide Hetz: Anderswelt zieht die Zuschauer in ihren Bann

Es ist die dunkelste, kälteste Zeit im Jahr, wenn die Rauhnächte anbrechen – jene zwölf Nächte, in denen die Fantasie des Menschen allerhand schaurige Gestalten und herrlichen Grusel ersonnen hat. Es ist die Zeit, in der die „Tore der Anderswelt“ offenstehen. So sagt es Autor und Regisseur Winfried Frey im Prolog zum Fürstenfelder Mysterienspiel „Wuide Hetz“, das am Samstag im Stadtsaal seine fulminante Premiere feierte.

Fürstenfeldbruck –  In dieser Anderswelt tummeln sich Perchten, Wichtel, Naturgeister, das Gute und das Böse – und das Mädchen Emi (Jasmin Halbauer), das von einem mystischen Tagtraum mitten in den dunklen Wald katapultiert wird. Wie Emi zuvor durch ihren Alltag hetzt, in der Schule ackert, mal Unfug macht und ständig am Smartphone hängt, das haben die Zuschauer vorher in einem Film miterlebt.

Nun aber hockt Emi im weißen Kleid in Düsternis und Nebel und fürchtet sich – erst recht, als die grässlich anzuschauende Frau Perchta (Annette Schregle) auftaucht. Doch siehe da, unter der Maske und dem dunklen Hexengewand verbergen sich ein schönes Gesicht und ein goldenes Kleid. Dass einer nicht böse ist, nur weil er greislich aussieht, ist Emis erste Lektion auf ihrer magischen Reise.

In einer der stärksten Szenen des Stücks taucht Emis Schulklasse im Wald auf. Emi in der Anderswelt ist ganz nah und doch für die anderen unerreichbar, selbst für ihre beste Freundin Paula (Paula Schneider Mendoza). Ein anrührendes Duett der beiden Mädchen entließ die bereits zu diesem Zeitpunkt begeisterten Zuschauer in die Pause.

Es ist ein dichtes, schräges und ungemein abwechslungsreiches Schauspiel, das Frey und seinen Mitstreitern hier gelungen ist. Da spuken in zotteligen Fellkostümen die „Brucker Perchten und Rauhnachtsgsindl“ über die Bühne, da tanzen Paare des Trachtenvereins Almfrieden Gröbenzell. Da singen Mitglieder des Philharmonischen Chors Fürstenfeld und Kinder aus den Chören Geltendorf und Schöngeising. Da sorgen unsichtbare Puppenspieler dafür, dass Besen tanzen und Mäntel schweben, dass Irrlichter blinken, Hui-Hui-Manderl herumwuseln und düstere Schatten mit Pestmasken und leuchtenden Augen über die Bühne spuken.

Für all die mystischen Figuren musste sich Puppenbauer Martin Köhler einiges einfallen lassen, vor allem für die „Nebelfrau“, eine über zwei Meter große Konstruktion aus einer Diskokugel, Malerfolie und einer Nebelmaschine.

„Du hast doch gar keine Ahnung vom richtigen Leben“, muss Emi sich von der Perchta sagen lassen. Das ändert sich, als das Mädchen der geschundenen Umwelt in Gestalt der mit Müll überhäuften Naturhexe (Cornelia Heidler) begegnet. Und dem von Stress und Hektik überwältigten Kopflosen, den die moderne Welt buchstäblich auf die Bretter geschickt hat. Um ihm – und sich selbst – zu helfen, muss Emi die Rätsel der Nebelfrau lösen, die als Herrscherin der Anderswelt über das Schicksal des Mädchens entscheidet.

Seine Atmosphäre verdankt das Stück nicht zuletzt der geschickten Beleuchtung und der wunderbaren musikalischen Begleitung durch die Gruppe Auwald Consort unter der Leitung von Christian Ludwig Mayer. Der Allgäuer Komponist hat die Musik, die sich wie ein changierender Fluss aus Emotion durch die 90 Minuten zieht, eigens für die „Wuide Hetz“ geschrieben. Wer die Premiere der Eigenproduktion des Veranstaltungsforums verpasst hat – der hat wirklich etwas verpasst. Doch für das nächste Jahr sind weitere Aufführungen geplant. Dann, wenn wieder die Zeit der Rauhnächte anbricht. Ulrike Osman

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