Nach dem Spektakel auf dem Laufsteg geht es für Chanel und Co. erst richtig los.
Was folgt, spielt sich in diskretem Dunkel ab, ist aber für Dior, Chanel und die anderen großen Modehäuser nicht weniger wichtig. Für sie heißt es dann, das als Haute Couture, also als hohe Schneiderkunst, Präsentierte zu verkaufen, um so zumindest einen Teil der horrenden Kosten der Schauen wieder hereinzuholen.
Doch wer kann und will sich Haute Couture leisten? Wer wird sich etwa an einem lauen Frühlingstag überstreifen, was die Designerin Maria Grazia Chiuri für Christian Dior entworfen und zu Wochenbeginn präsentiert hat: dieses nach den Worten der Modeschöpferin "mit dem Fantastischen, Irrealen spielende, vom Surrealismus der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts inspirierte Vogelkäfigkleid", gefertigt aus schwarzen Bändern?
Das Thema ist tabu. Einvernehmlich weisen die Pariser Modehäuser darauf hin, dass sie der Kundschaft zu höchster Diskretion verpflichtet seien. Auch die Preise fallen unters Schweigegelübde. Dabei dürften sie aus Sicht der Kundinnen eigentlich keine große Rolle spielen. Wer sich bei Haute-Couture-Meistern mit von Hand Gefertigtem einkleidet, muss aufs Geld nicht groß achten. Nur selten hebt sich der Mantel des Schweigens ein wenig. Zu verdanken ist dies ehemaligen Mitarbeitern, die im Schutze der Anonymität das eine oder andere Detail preisgeben. Setzt man die Fragmente zusammen, entsteht doch ein recht aussagekräftiges Bild.
Die Modehäuser organisieren private Präsentationen für
ihre potenziellen Kunden
Anders als im vergangenen Jahrhundert, als sich betuchte Damen alle halbe Jahre nach Paris bemühten, um ihre Garderobe zu vervollständigen, kommen die Hersteller heutzutage zu ihnen. Modehäuser organisieren nicht nur private Haute-Couture-Präsentationen in Hongkong, Tokio, São Paulo oder Los Angeles. Sie suchen potenzielle Käuferinnen dort auch anschließend auf, bitten zur Anprobe ins Studio eines Fünf-Sterne-Hotels oder ins Hinterzimmer einer Luxusboutique. Stylisten des Hauses sind bei den Anproben ebenfalls zugegen, beraten die Kundschaft, zeigen ihr aber auch Grenzen des Machbaren auf. Sie sind etwa erreicht, wenn die gewünschten Änderungen das Werk des Modeschöpfers entstellen würden.
Und auch das Tragen des auf den Leib Geschneiderten verlangt den Trägerinnen heutzutage nicht mehr viel ab. Karl Lagerfeld hat dies zu verstehen gegeben. Er liebe die Frauen, die ein 200 000-Euro-Kleid mit derselben Haltung trügen wie einen Adidas-Anzug, hat Lagerfeld einmal gesagt.
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