Enger. Einmal im Leben Prinzessin sein, davon träumen wohl viele kleine Mädchen. In Enger können einige von ihnen zwar nicht Prinzessin, aber immerhin eine gute Fee werden. Denn einmal im Jahr wird hier die Kirschblütenfee gesucht. Und jedes Mädchen, das im April zehn Jahre alt wird, kann sich um den Titel bewerben – um dann beim Kirschblütenfest drei Tage lang in einem Kleid, das jeder Prinzessin zur Ehre gereichen würde, Hof zu halten. Solange es das Kirschblütenfest gibt – und das sind in diesem Jahr immerhin schon 40 Jahre – , solange gibt es auch eine Kirschblütenfee. Doch nicht immer trug sie bei den vielfältigen Aufgaben, die sie während des Stadtfestes übernimmt, so ein märchenhaftes Kleid wie heute. Anfangs, so erinnert sich Kumiko Ogawa-Müller vom Kultur- und Verkehrsverein (KuV) der Stadt, bekamen die Feen lediglich einen Zuschuss für den Kauf eines neuen Outfits für das Fest. Das änderte sich, als nach der Wiedervereinigung die Stadt Enger eine Partnerschaft mit der Gemeinde Lichtenstein im Osten Deutschlands einging. Seitdem besucht eine Delegation aus der Rosenstadt jedes Jahr im Frühling das Stadtfest in der Widukindstadt – mit dabei ist stets die aktuelle Rosenprinzessin. „Und die hatte schon immer ein richtiges Prinzessinnenkleid an", erinnert sich Ogawa-Müller. Damit die eigene Kirschblütenfee daneben nicht regelrecht verblasste, wurde die Idee für ein Feen-Kleid geboren. Ein wärmendes Cape aus kuscheligem Vlies gehört dazu Das erste Kleid wurde nach einem Entwurf von KuV-Mitglied Carsten Gehring geschneidert. Mittlerweile ist es aber durch vielfachen Gebrauch ein wenig in Mitleidenschaft gezogen. In diesem Jahr bekommt die Fee deshalb ein neues Kleid. Und das schneidert Kumiko Ogawa-Müller selbst, denn die 64-Jährige ist nicht nur Organisatorin des Stadtfestes, sondern auch begeisterte und begabte Hobby-Schneiderin. Schon seit Wochen hat die ehemalige Organistin an der Stiftskirche Modehefte gewälzt, Ideen entworfen und wieder verworfen, Schnittmuster miteinander kombiniert und in den verschiedensten Geschäften nach den passenden Stoffen gefahndet. Seit gut drei Wochen nun sitzt sie an der Nähmaschine, um ihre Ideen umzusetzen. Dabei verbindet die Hobbyschneiderinnen das Märchenhafte mit dem Praktischen. Das neue Feenkleid, so sagt sie, soll auf alle Fälle wärmender sein als das alte. „In den letzten Jahren war es beim Kirschblütenfest oft kalt", sagt sie. „Die Fee musste oft einen warmen Anorak über ihr Kleid ziehen, und das war immer schade!" Babycordstoff mit glitzernden Blütenapplikationen Das neue Kleid näht sie deshalb aus einem weichen Babycordstoff, der durch glitzernde Blütenapplikationen märchenhaft wird. Ein Überrock aus kirschblütenrosa Satin macht das Outfit komplett. Und wenn es beim Stadtfest am letzten Aprilwochenende ganz kalt werden sollte, kann sich die neue Fee sogar noch ein Cape aus kuschligem Vlies um die Schultern legen. Gummizüge an verschiedenen Stellen machen das Kleid zudem bequem. „So eine Kirschblütenfee hat ja viel zu tun, muss Karussell fahren oder beim Pflanzen des Kirschbaums helfen, da muss sie sich gut bewegen können", meint sie. Außerdem mache dieser kleine Gummi-Trick das Kleid passenden für die unterschiedlichsten Konfektionsgrößen. Neben der Musik war und ist das Nähen das liebste Hobby der gebürtigen Japanerin. Schon als Schulkind in Tokio hat sie erste Nähversuche gemacht. Seitdem hat sie sich Schritt für Schritt weiterentwickelt und näht längst fast ihre gesamte Garderobe selbst. Und zwar immer noch an ihrer ersten mechanischen Nähmaschine. „Die näht nur gerade Nähte und ich muss sie mit dem Fußpedal selbst antreten." „Aber", so sagt Kumiko Ogawa-Müller, „diese Maschine ist einfach robust und macht so schöne Nähte". Es gab mal drei Stoffgeschäfte in Enger Ein wenig wehmütig erinnert sie sich daran, dass es in Enger einmal drei Stoffgeschäfte gab. „Da habe ich alle meine Stoffe gekauft und von den sehr kompetenten Verkäuferinnen manchen Tipp bekommen", sagt sie. Doch das ist lange vorbei. Für schöne Stoffe muss sie jetzt weit fahren. Seit sie vor einiger Zeit in Rente gegangen ist, widmet sich Kumiko Ogawa-Müller dem Nähen noch intensiver. Und setzt ihre Kenntnisse seit kurzem auch in einem Nähkursus für deutsche und geflüchtete Frauen im Haus der Kulturen ein. „Ich lebe zwar seit 1977 hier und fühle mich längst als Engeranerin, aber eigentlich bin ich ja auch eine Migrantin", nennt sie einen Grund für ihr Engagement. Den Kursteilnehmerinnen möchte sie nicht nur den Umgang mit Nadel und Faden vermitteln. „Es geht auch darum, den Frauen Geduld beizubringen, ihnen zu sagen, dass es manchmal eben nur mit kleinen Schritten vorangeht." Dem Ziel, so sagt sie, komme man trotzdem näher. „Und wenn man sich dann umdreht, merkt man erst einmal, wie viele Meter man schon hinter sich gelassen hat!"
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